Vortrag über spektakuläre Höhlenrettung
Arbeiten im medizinischen Grenzbereich zwischen Leben und Tod
Dr. Nico Petterich, leitender Notarzt der spektakulären Höhlenrettung von Johann Westhauser aus der Riesendinghöhle, referierte am Gymnasium Burgkunstadt
Interessierte Zuhörer fand Dr. Nico Petterich, Einsatzleiter der spektakulären Höhlenrettung von Johann Westhauser aus der Riesendinghöhle, bei einem Vortrag an seiner ehemaligen Schule.
Die große, weite Medienwelt kam kurz vor den Herbstferien für zwei Schulstunden ans Gymnasium Burgkunstadt. Dr. Nico Petterich, ehemaliger Absolvent der Schule und leitender Notarzt der spektakulären Höhlenrettung von Johann Westhauser aus der Riesendinghöhle bei Berchtesgaden im Juni dieses Jahres, referierte vor den Schulsanitätern und den Oberstufen-Sportkursen des Gymnasiums.
Ohne Zweifel hat Nico Petterichs eigener Weg in den Bergsport seine Wurzeln auch an seiner früheren Schule, an der er 1999 das Abitur bestand: „Mitte der 90er Jahre gab’s an eurem Gymnasium mal eine Abenteuer-AG, wo wir mit Chemielehrer Dieter Stamm selbst Höhlentouren unternommen haben“, wusste der heute in Bayreuth praktizierende Arzt den aktuellen Schülern zu berichten.
Sein Weg führte ihn weiter über die ehrenamtliche Tätigkeit bei der Bergwacht und im Rettungsdienst, wo er auch seinen Zivildienst leistete und hauptberuflich arbeitete, bis zum Medizinstudium in Erlangen. Es folgten Stationen als Arzt in den Kliniken Bayreuth, Traunstein und Bad Reichenhall, sowie die Arbeit als Bergwacht-Notarzt im Chiemgau bis zur Berufung auf den Posten des Regionalarztes der Bergwacht Frankenjura und in den Führungsstab Notfallmedizin der Bergwacht Bayern.
Als es dann am 8. Juni 2014 gegen 1.30 Uhr in der Nacht zu dem Unglück in der Riesendinghöhle kam, bei dem der Höhlenforscher Johann Westhauser von herabfallenden Gesteinsbrocken schwer am Kopf verletzt wurde, war Nico Petterich geradezu prädestiniert für die Leitung und Koordination dieses gewaltigen internationalen Rettungseinsatzes: Als erfahrener Bergsteiger, als ortskundiger Bergretter und als Arzt konnte er seine Kenntnisse einbringen.
Mit eindrucksvollen Bildern und Videos dokumentierte er nun das elftägige Arbeiten im medizinischen Grenzbereich zwischen Leben und Tod.
„Es mag ein Vorteil für den Johann gewesen sein, dass er in Folge der schweren Verletzung des Gehirnes vom gesamten Einsatz fast keine Erinnerung hat“, erläuterte Nico Petterich, „denn die psychische Belastung, mit halbseitiger Lähmung stunden- und tagelang auf Hilfe zu warten, wäre ja kaum auszuhalten gewesen.“ Der Patient zeigte sich allerdings psychisch und physisch äußerst stabil, was nicht nur Nico Petterich äußersten Respekt abnötigte.
Zahlreiche Fakten untermauerten das Ausmaß und auch die Komplexität dieses Einsatzes: Da die Unfallstelle etwa einen Kilometer tief und 10 Kilometer weit im Berg lag, waren sämtliche gängigen Kommunikationsmittel wie Handy oder Funk unbrauchbar. Die aktuellsten Meldungen über den Gesundheitszustand des Opfers waren somit immer mindestens zehn Stunden alt. Insgesamt 728 Helfer aus fünf Nationen sowie 14 Hubschrauber waren im Einsatz, beobachtet von bis zu 300 Pressevertretern aus aller Welt.
Fast ameisengleich und unter extremer Anstrengung wurde gearbeitet, sodass die größtenteils ehrenamtlich tätigen Teams permanent ausgetauscht werden mussten.
Letztendlich aber führten alle Anstrengungen zu dem Erfolg, dass Johann Westhauser heute wieder ein relativ normales Leben führen kann. Er arbeitete sogar an der medizinischen Aufarbeitung des Einsatzes mit und ist neben Nico Petterich Coautor einer noch unveröffentlichten wissenschaftlichen Publikation.
„Super-spannend“ war am Ende das einhellige Schülerurteil zu diesen eineinhalb Stunden Informationen aus erster Hand, „die man in dieser Unmittelbarkeit auch in den Fernsehnachrichten damals so nicht gesehen hatte“, wie eine Schulsanitäterin meinte.
Fazit: Bergsport, Lebensrettung, Medizin – alles vermutlich eine Sache von Leidenschaft. Und wahrscheinlich ist dieser Johann Westhauser genauso Höhlenforscher aus Leidenschaft wie Dr. Nico Petterich Arzt und Bergretter aus Leidenschaft ist. Die Redensart vom „Glück im Unglück“ hat er sich bei seinem Vortrag übrigens verkniffen. Sie hätte zu sehr ins Banale geführt.
Text und Foto: cv