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Theaterabend "Die Physiker"

Gerne in die Mausefalle getappt

Aufführung von Friedrich Dürrenmatts tragischer Komödie „Die Physiker" am Gymnasium Burgkunstadt

 

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„Die Mischung aus groteskem Theater und ernstem Hintergrund war auch schauspielrisch etwas richtig Anderes", befand eine Schülerin des Kurses „Dramatisches Gestalten Q11/Q12" am Gymnasium Burgkunstadt. Mit ihrer Aufführung von Friedrich Dürrenmatts tragischer Komödie „Die Physiker" landeten die Oberstufenschüler unter der Regie von Corinna Bogdahn unmittelbar vor den Osterferien einen wahren Publikumserfolg.

 

Kann man als Berichterstatter eine Theateraufführung angemessen und objektiv würdigen, wenn man sich der Faszination eines Bühnenstückes kaum entziehen kann? Schwer zu sagen. Unbestritten bleibt jedoch, dass die widersinnige Dramengeschichte rund um den genial verrückten oder verrückt genialen Kernphysiker Johann Wilhelm Möbius seit ihrer Uraufführung 1962 dem Publikum immer wieder etwas zu sagen hat. Sonst würden „Die Physiker" nicht seit Jahrzehnten zu einem der am meisten gespielten Werke auf deutschsprachigen Bühnen zählen.

In der psychiatrischen Klinik der Anstaltsleiterin Mathilde von Zahnd (Sarah Kraftzyk) sind die drei Physiker Möbius (Nina Schröppel), Einstein (Anika Leimeister) und Newton (Anna Kopp) die „interessantesten Fälle" der Oberschwester Martha Boll (Anna Wagner). Dumm nur, dass diese nacheinander jeweils ihre Krankenschwestern (Lena Schnapp, Anika Gäberlein) ermorden, was nicht nur dem tüchtigen Kriminalinspektor Richard Voss (Florian Schütz) und seiner Kollegin Fräulein Blocher (Eva-Maria Schütz) mehr und mehr zu schaffen macht. Auch als kampfsporterprobte männliche Pfleger wie der Box-Europameister Uwe Sievers (Chris Drechs-ler) eingesetzt werden, löst das die Probleme nicht wirklich. Denn es bleiben zu viele Fragen offen: Wer ist hier wirklich verrückt, wer normal? Wohin mit dem gefährlichen Wissen von Atomphysikern? Welchen Wert haben Wissenschaft, Verantwortung und Liebe in einer kompliziert gewordenen, labyrinthisch verflochtenen Welt?

Die Burgkunstadter Inszenierung von Deutschlehrerin Corinna Bogdahn (Regieassistenz: Julia Weiß) gewann ihre besondere Note auch durch die sogenannten „Hosenrollen" der drei Physiker, deren männliche Charaktere von Schülerinnen verkörpert wurden. Doch nicht nur sie vermochten es, ihren Figuren einen ganz speziellen Stempel aufzudrücken.

Hinzu kam so mancher kreative Regieeinfall, etwa im Bühnenbild, dessen Hintergrund eine überdimensionierte Collage aus physikalischen Formeln, Liebeserklärungen und thematischen Assoziationen bildete.

Die vielfältigen Kontraste und Schockeffekte des Stücks - zwischen Idylle und Horrorszenario, zwischen Liebe und Mord, zwischen Normalität und Irrsinn – wurden pointensicher, manchmal fast comedyhaft herausgearbeitet. Doch letztlich bleibt einem bei Dürrenmatt das Lachen immer wieder im Halse stecken, weil man als Zuschauer geradewegs in seine dramaturgische „Mausefalle" getappt ist.

Das Publikum der beiden voll besetzten Aufführungen ließ sich in der Aula des Gymnasiums jedenfalls herzlich gerne an der Nase herumführen.

 

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„Auch Sie haben schließlich eine Krankenschwester ermordet!" Inspektor Richard Voss (Florian Schütz, rechts) erntet bei Newton (Anna Kopp, links) wenig Verständnis.

 

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Seine Verrücktheit ist nur fingiert, oder? Der Kernphysiker Möbius (Nina Schröppel) spielt einen Tobsuchtsanfall, um seine Ex-Gattin Lina (Eva-Maria Schütz, rechts hinten) und deren neuen Mann Oskar Rose (Chris Drechsler, links hinten) schnell loszuwerden.

 

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...Und wieder eine Krankenschwester tot! Anstaltsleiterin Mathilde von Zahnd (links) überwacht die Beweissicherung von Fräulein Blocher (Eva-Maria Schütz, Mitte), nachdem auch Schwester Monika Stettler (Anika Gäberlein, liegend) ermordet wurde.

 

Titel:


„Verrückt, aber weise. Gefangen, aber frei. Physiker, aber unschuldig." Die drei Physiker (von links) Einstein (Anika Leimeister), Möbius (Nina Schröppel) und Newton (Anna Kopp) würden manches gerne ungeschehen machen in der tragischen Komödie „Die Physiker".

 

Text und Fotos: cv